Karsten Grah entdeckt überall im Alltag die Spuren seiner Arbeit: Seit mehr als 20 Jahren stellt er Stempel für die Industrie her.
Von Theresa Demski, Rheinische Post
Es ist ein leises Summen, das die Arbeit der Maschinen begleitet. Hinter einer Glasscheibe arbeitet die feine Fräse der CNC-Maschine in Genauigkeitsbereichen, die mit der menschlichen Hand gar nicht möglich wären. Nach und nach nimmt die kleine Prägewalze Gestalt an. Später wird sich der feine Schriftzug eines Schokoladenherstellers auf einer Schleife wiederfinden, die um die Pralinenschachtel gebunden wird. Und Karsten Grah wird eines Tages an einem Regal vorbeigehen, die Schachtel entdecken und wissen, wo der Stempel entstanden ist. Das geht ihm auch bei Einstiegszierleisten an Fahrzeugen so.
Der 50-Jährige steht konzentriert an der Maschine in der großen Produktionshalle der Firma „Bornemann Signiertechnik“. Die Maschinen wollen programmiert werden, zuvor müssen die Zeichnungen der Kunden in fräsbare Daten übersetzt werden. Karsten Grah begleitet jeden dieser Schritte – von der Idee bis zur Umsetzung. Unzählige individuelle Stempel entstehen so, Walzen, Prägewerke, Handschlagstempel. In verschiedenen Materialien.
Und wenn sich der Graveur umblickt in der großen Halle, dann erkennt er dort auch die rasendschnelle Entwicklung, die die Gravurtechnik und damit auch sein eigenes Berufsbild mitgemacht haben. Hinter einer Tür befinden sich noch Maschinen aus der ersten Stunde des Unternehmens. Händisch werden hier Stempel hergestellt – immer noch, wenn auch nur im ganz kleinen Umfang. Aber Karsten Grah hat so die Gravur gelernt, ohne CNC oder HSC. Die haargenauen Maschinen kamen erst Anfang der 90er Jahre. Bei der Firma Bornemann stehen noch Prototypen dieser ersten Generation von CNC-Maschinen. Sie laufen neben den jüngsten und modernsten Geräten. Gibt es mal eine Fehlermeldung, dann ist Karsten Grah gefragt. Er kennt jede dieser Maschinen wie seine Westentasche und hält sie selbst instand. Er tüftelt gerne, kann sich nicht vorstellen, seine Arbeit ausschließlich am Computer zu erledigen, und blickt auch nach mehr als 30 Jahren in seinem Beruf noch mit Spannung auf die technischen Entwicklungen, die ins Haus stehen.
Entwicklung, Programmierung, Gravur und Versand: Alles kommt hier aus einer Hand. Deswegen ist Bornemann schnell und unabhängig. Das weiß Karsten Grah zu schätzen. Als das Unternehmen damals bei ihm anrief und ihm nach der Lehre zum Graveur, der anschließenden Weiterbildung zum Maschinenbautechniker an der Abendschule und einigen Jahren Berufserfahrung einen Job anbot, da griff Karsten Grah zu. Und hat es nie bereut. Denn seitdem kann er das eine und das andere jeden Tag miteinander verbinden: Gravur und Maschinenbau.
Karsten Grah weiß aber auch um die Probleme der Zukunft: fehlender Nachwuchs und Fachkräftemangel. „Aber Schimpfen nutzt nichts“, sagt er und ist damit ganz auf der Linie von Geschäftsführer Michael Wisniewski. Deswegen wirbt Bornemann schon seit Jahren intensiv um das Interesse der Jugend und Karsten Grah ist in die Ausbildung des Nachwuchses eingestiegen. Vom Prüfungsausschuss für Gesellenprüfungen auf Innungsebene über den Meisterprüfungsausschuss bis zum Unterricht der Meisterklasse führte sein Weg. Viel hat die Ausbildung von heute nicht mehr mit der Lehre zu tun, die Karsten Grah selbst absolvierte. „Aber Stillstand würde ja auch Rückschritt bedeuten“, sagt der 50-Jährige und freut sich auf die technischen Entwicklungen der Zukunft.
Quelle: Rheinische Post/Bergiche Morgenpost, 10.03.2018 – https://rp-online.de/nrw/staedte/wermelskirchen/stempel-die-spuren-hinterlassen_aid-19035863